Lebe den Ausverkauf!

Lebe den Ausverkauf!

Lebe den Augenblick, steht auf der Seite des Wellness Magazins La Vista. Für viele Journalisten, Fotografen und Druckereien klingt das wie Hohn. Wochen- ja monatelang hatten sie umsonst für das Magazin gearbeitet. Natürlich nicht wissentlich, aber doch mit System, erzählt mir die vorletzte Redaktionsleiterin. Das geht so: Die Freiberuflerin kriegt ein gutes Angebot, nämlich Redaktionsverantwortung mit der Perspektive, die Ausrichtung des Magazins mitzugestalten. Das macht Spaß, ist abwechslungsreich und die Journalistin kniet sich voll in die Sache rein. Allerdings möchte sie spätestens nach der zweiten Ausgabe auch endlich ein Honorar sehen. Die Herausgeberin zahlt eine erste Rate und erklärt das mit momentanen Marktturbulenzen (passt ja irgendwie immer). Was wiederum die Redakteurin wurmt, aber sie stellt dennoch noch eine weitere Ausgabe fertig – ist doch Ehrensache! Inzwischen ist der Ton aber heftiger geworden und die Herausgeberin hat nach einer Nachfolge Ausschau gehalten.  Die engagiert sich schon mal für die nächste Ausgabe (siehe oben), während die alte Redaktionsleiterin nun Mahnungen schreibt…

So dumm kann doch kein Journalist sein! Doch, kann, wobei man sagen muss, dass es auch Layouter, Druckereien und Fotografen getroffen hat. Liegt also nicht an der Branche, aber sicher auch ein wenig am Freiberuflerdasein und Einzelkämpfertum. Und warum schreibt dann keiner darüber? Journalisten schreiben nicht gern über sich, schon gar nicht, wenn sie sich blamiert haben. Stattdessen sieht jeder zu, wie er sein Schäflein ins Trockene bringt.  Zum Ärger der Kollegin: Sie steht an 20. Stelle der Klägerliste. “Die 8.000 Euro kann ich wohl vergessen”, meint die Freiberuflerin. Es wird eng für sie auf dem Markt, Healthy Living eingestellt, Emotion verkauft, Auflagen und Seitenzahlen im freien Fall.

Was heißt das nun für alle, die vom Traumberuf Journalismus schwärmen. Finger weg, warnt die langjährige Journalistin ihre Kinder. Und wenn es aber doch unbedingt sein muss, dann nicht daheim ins Home Office zurückziehen, sondern den Austausch mit anderen in lebendigen Bürogemeinschaften suchen.

Jäh wach gerüttelt: Traumberuf Journalismus

Jäh wach gerüttelt: Traumberuf Journalismus

0 Kommentare
Einen Kommentar hinterlassen