Pokern statt Plaudern: Wenn es ums Geld geht, werden Journalisten hingehalten

Pokern statt Plaudern: Wenn es ums Geld geht, werden Journalisten hingehalten

“Ich arbeite für die FAZ “,  oder auch – noch seriöser geht es nicht – “Frankfurter Allgemeine Zeitung”,  ist ein echter Türöffner. Die Zeitung mag noch so abgemagert sein, die Auflage gesunken, ihr Prestige zieht noch immer. Jedenfalls solange man einigermaßen freundliche Fragen stellt. Einen Kommunikationskiller gibt es aber auch hier und er betrifft das liebe Geld. “Was kostet das?”, Fragewort, Prädikat, Subjekt, die simpelste aller Fragen, sie führt zu Verwirrung, Verständnislosigkeit, Verzögerungstaktiken.

Ich recherchiere für die Ingenieurbeilage der FAZ zum Thema weibliche Nachwuchsgewinnung. Eigentlich ein Dauerbrenner. MINT, das gewichtige Kürzel für die Zukunftssicherung Deutschland hat nach wie vor bei den Studienfächern und Berufsbildern einen Männerüberhang. Da ist es gut, wenn die Frauen gefördert werden. Fast niemand bestreitet das. Aber was bringt es genau? Das darf man fragen. Was kostet es? Das nicht!

Ein Beispiel: Für die Recherche frage ich bei einer Hochschulinitiative, einem mittelständischen Konzern und einem Verein an. Die Hochschulinitiative möchte zu den Finanzen nichts sagen, da zu viele Partner mit im Boot hängen, der Mittelständler braucht vier Tage für die Antwort und kann dann nur schätzen:

Die Kosten des Frauenpowertages können wir nur schätzen, da das meiste Inhouse-Manpower ist. Es wird jedoch ein höherer vierstelliger Betrag sein.

der-girls-day-viel-aufmerksamkeit-wenig-wirkungMerke: Frauenpower-Events benötigen immer noch Manpower. Aber das nur am Rande. Immerhin eine Angabe, frau hat sich bemüht. Am meisten verspreche ich mir von dem Verein, der immerhin einen “nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen” aus Steuermitteln finanziert, aber die Sprecherin verweist mich an einen anderen Verein im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DZLR und verspricht, die Kontaktdaten der Ansprechpartnerin zu schicken. Ich bekomme aber nur eine Mailadresse. Wieder vergeht ein Tag, dann habe ich die dazugehörige Telefonnummer. Ich schildere mein Anliegen und bitte um kurzfristige Unterstützung. Es ist Freitagvormittag. “Heute geht es nicht, ich will Montag schauen, was ich für Sie zusammenstellen kann”, verspricht sie.

Warum so eine einfache Frage so lange dauert? Ich wage nicht danach zu fragen, die Ansprechpartnerin ist eh schon angespannt, angesichts meiner Frage. Ich spüre es förmlich durchs Telefon und denke, wenn ein Verein einen anderen mit Bundesmitteln finanziert, blickt da vermutlich niemand mehr so richtig durch. Ich bedanke mich und schreibe noch eine Mail hinterher, dass ich die Angaben tatsächlich für die FAZ bis spätestens Montag bräuchte. Am Montag kommt nichts, am Mittwoch eine Mail:

Ihre Anfrage besser bearbeiten und dem BMBF vorlegen zu können, reichen Sie uns bitte Ihre konkreten Fragen schriftlich ein und erläutern, was für einen Artikel Sie für welches Medium schreiben werden.

Zu diesem Zeitpunkt ist die Zeitung schon fast im Andruck. Mit freundlichen Grüßen vom Layout.

 

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