Flyeralarm oder der schöne Schein

Flyeralarm oder der schöne Schein

Gerade habe ich die „dreiste Liste des Mail-Grauens“ von Maximilian Buddenbohm gelesen, ein Blogbeitrag gegen selbstgefällige PR-Offerten („Wir möchten gerne einen Artikel über Brathähnchengewürz auf Deiner Seite platzieren.“ Einfach so!), und musste schon schmunzeln. Offenbar deckt sich das Image der PR bei Bloggern mit dem der Journalisten bei Esoterikern, Extremisten und anderen Verschwörungstheoretikern: Kurz, es ist hundsmiserabel. Auf den Ranking-Listen der anerkanntesten Berufe landen Journalisten weit hinten, nah bei  Politikern und vermutlich weit hinter Bloggern, die mehr als Individuen und weniger als Manipulatoren wahrgenommen werden. Und wo steht die PR?

Zur Ehrenrettung der Branche gilt natürlich auch hier: Man kann sie nicht über einen Kamm scheren. Zudem steht sie unter dem Druck von Auftraggebern, die das Unmögliche wollen: Als ich vor über 20 Jahren in einer PR Agentur startete, war das noch der positive Pressebericht, am besten in Spiegel, Focus und Stern gleichzeitig. Heute ist es eben die plump-dreiste Platzierung bei Bloggern, Youtubern oder Twitterern. Sicher, es gehört zur Goethe_kleinAufgabe der Kommunikationsprofis, ihren Kunden klar zu sagen, was und wie es geht. Aber leider wollen das nicht alle hören – Beratungsresistenz endet nicht im Zeitalter der  Digitalisierung.

Ich erinnere mich  an das geflügelte Wort vom „Flyeralarm“ in meiner nächsten Station, einer Werbeagentur. Heute ist das der Name eines Online-Druckshops, ich weiß. Aber wir waren zuerst da, ich schwöre. „Flyeralarm“ gab es nämlich immer dann, wenn der Kunde sich beim schönen Schein aufhielt und letztlich die Kommunikation aus dem Blick verlor. Denn was nützt der beste Flyer, wenn man ihn nicht an die Zielgruppe bringt.

Heute ist der Flyer nichts Besonderes mehr, jeder kann ihn online selbst gestalten und günstig auf Papier bringen. Wobei er dabei selbst ziemlich unter Druck geraten ist. „Viel zu analog“, sagt mein IT-Berater. „Landet todsicher im Müll“, meint meine Tochter. „Es kommt auf die Idee an“, sage ich. Verleitet der Flyer nämlich sehr wohl zum Kennenlernen, zur Kontaktaufnahme oder gar zum Kauf, hat er nach wie vor seine Berechtigung. Bei einer so höchst lokalen Sache wie einer Hausräumung beispielsweise. Also habe ich schnell einen Flyer gestaltet, günstig und gastfreundlich. Und mich nicht lange beim schönen Schein aufgehalten. Kommunikation muss erfolgreich sein, sonst gar nichts, so heißt es. Okay, das wird sich noch zeigen, aber zumindest haben wir es probiert. Flohmarkt_Kleekamp

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