“Das ist ja ein Ding”, entfährt es meinem IT-Berater. Als er sich bei web.de zu Testzwecken einloggt, wird er als Facebook-Mitglied begrüßt. Dabei dürfte den Netzkenner nun wirklich nichts mehr überraschen: Google sammelt die Suchanfragen seiner Nutzer und der Arbeitgeber informiert sich über die Ausbildungsplatzbewerber im Netz. Das wissen wir und nehmen es hin: Mein IT-Berater ist aus beruflichen Gründen in sozialen Netzwerken registriert, wie er sagt. Erst bei Xing, wo er dubiose Anfragen bekam, dann bei Facebook. Meine Kollegin ist auch bei Facebook, weil sie über ihre Konkurrenten recherchieren und eine eigene berufliche Fansite aufbauen möchte. Ich selbst bin schon lange online registriert: noch zu openbc-Zeiten hatte mich ein Freund zum “ganz großen Trend” eingeladen. Seitdem bekomme ich regelmäßig mindestens eine Geburtstagsmail, gelegentlich Einladungen oder Kontaktanfragen – nur die echten Kundenanfragen sind verdammt rar. Wen wundert es: Xing ist voll von freiberuflichen Journalisten und PR-Beratern, da muss man sich schon anders als mit ein paar Einträgen einen Namen machen. Dass alle meine Kontakte über die allerkleinste Änderung, die ich an meinem Eintrag vornehme, informiert werden, habe ich lange nicht gewusst. Auch nicht, dass jedes Mitglied sich darüber informieren kann, wer seine Seiten angesehen hat. Seitdem ich das weiß, logge ich mich nur noch selten in dem Netzwerk ein und schnell wieder aus. Warum nur? Sichtbar werden und Spuren hinterlassen ist doch der Sinn eines jeden öffentlichen Selbstgesprächs, selbst dieses, wenn auch in letzter Zeit reichlich vernachlässigten, Weblogs.
Warum geben wir so viel von uns preis? Es gibt im Wesentlichen drei Gründe: 1. Mitgewinnen – was ist Ihnen ein Facebook Fan wert?, fragt beispielsweise das Salesteam von WuV Media und verspricht neuen Abonnenten, mehr über den ROI oder die Rendite ihrer sozialen Kommunikation zu erfahren. Ganze Heerscharen von Beratern, Dienstleistern und Tools nutzen Facebook längst als Werbeplattform oder verkaufen ihr Social Media Wissen – jetzt auch qualifiziert als “Social Media Fachwirt“. 2. Mitmachen – machen doch schließlich alle und wenn ich beim Facebook Abendblatt das neue Layout lobe und mich damit ablichte, kann ich sogar ein I-phone gewinnen. 3. Mitteilen – es ist die Suche nach Ordnung, die uns zum Phänomen Facebook treibt, die Suche nach eindimensionaler “Abbildung der überwältigenden Mannigfaltigkeit des Lebens“, schreibt die Süddeutsche. Mag sein, dass so jeder seine kleine beschränkte Welt ordnet, ein Miteinander entsteht daraus nicht wirklich, wenn etwa eine Leserin den Rettungsversuch für die deutsche Sprache “Lang lebe die Kaltmamsell” lobt und zwei Einträge weiter die Existenzgründerin jubelt, dass sie als Eventmanagerin im Abendblatt abgedruckt wurde. Auf jeden Fall immer schön Daumen hoch,”Kai-Uwe, Sarah und Jan-Philipp gefällt das”? Das finde ich reichlich eindimensional und trotz aller Gesichter, die einem da so entgegenstrahlen, auch erschreckend gesichtslos.