So ein bisschen Pressetext schreiben und losschicken, das kann doch jeder, denkt sich der Gründer und setzt im Etat für die Pressearbeit die Ziffer Null ein. Dabei unterschätzt er die Zeit, die er für die Kontaktanbahnung, Themenfindung und -aufbereitung benötigt. “Was 150 Euro für ein paar Anrufe”, hinterfragt ein Management-Trainer den Kostenvoranschlag. Wenn es mit ein, zwei Anrufen getan wäre, bräuchte man nicht Tausende von PR-Agenturen, die ihre Verteiler und damit langfristig aufgebaute Kontakte hüten wie einen Schatz. Die Rechnung, die viele Gründer anstellen: Eine Anzeige kostet Geld und hat nicht immer die gleiche Wirkung wie eine redaktionelle Berichterstattung. Die Gegenüberstellung Reklame-objektive Wahrheit ist zwar weit übertrieben, aber natürlich ist da ein Unterschied. Das eine ist eine Auftragskommunikation, das andere nicht. Das ist ein gewaltiger Unterschied, der viel mehr Geduld, Sachlichkeit und journalistisches Denken erfordert.
Ein Beispiel aus meinem Postkasten. Nachricht eins enthält eine Pressemitteilung: Sehr geehrte Damen und Herren, anbei finden Sie eine Pressemitteilung der H:G Hochschule für Gesundheit und Sport über die Vergabe von Stipendien für das kommende Wintersemester 2008/09. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diese Nachricht an Ihre Kunden weitergeben und somit zur Förderung von besonders motivierten jungen Menschen beitragen. Ein so kurzer Text und gleich drei Fehler: unpersönliche Anrede, Redundanz und der Begriff “Kunden”. Gleich darunter eine Mail vomHarzer Verkehrsverband. Die Referentin bedankt sich für den interessanten Bericht, den ich über Thale veröffentlicht habe und fragt freundlich an, ob sie mich in den Verteiler aufnehmen darf: “Damit unsere Informationen auch an die Leser kommen, die es interessiert – wie Sie es so treffend auf Ihrer Homepage benennen.” Die Referentin macht damit deutlich, sie hat sich mit der Autorin beschäftigt und wertschätzt ihr Interesse. Dass dann allerdings gleich eine Megabyte-große Datei kommt, obwohl ich auf E-Mail-News verzichtet habe, ist ein Fehler oder Missverständnis – auf jeden Fall ein verzeihlicher, da der persönliche Draht einmal hergestellt wurde.