Gescheites Scheitern? Schöner Schein….

Gescheites Scheitern? Schöner Schein….

Wer viele Freunde sucht, muss nur ordentlich patzen. Das ist die Lehre, die Tanja Fuß aus ihrem Auftritt bei Günther Jauch vor gut einem halben Jahr zieht. Weil die Modedesign-Studentin an der 50-Euro-Frage scheiterte, flog sie aus der Sendung. Bereits eine Stunde nach der Ausstrahlung hatte sie 500 Freundschaftsanfragen bei Facebook und ziemlich viele Kommentare. In dem Stil von: „Zu blond, um zu studieren.“ Die Studentin hat dann erst mal ihren Facebook-Namen geändert.index

„Ich finde es absurd, dass man sich selbst ausschalten muss, damit so was aufhört“, sagt Tanja Fuß in einem Stern-Interview.

Ich finde das mutig. Dass sie sich den Fragen der Journalisten mit Namen und Foto stellt und alles noch einmal durchlebt. Und nun auch Gelegenheitsleser davon erfahren, die, wie ich, zwischen zwei Saunagängen im Fitnesstempel in einem alten Stern blättern. Mein Gott, das könnte mir auch passieren: Man sitzt im Scheinwerferlicht, es geht um viel Geld, der Moderator setzt sein Pokerface auf und 5 Millionen Menschen schauen zu. Wer wäre da wohl nicht aufgeregt? Es könnte jeden von uns treffen und gerade deshalb setzen wir uns gern davon ab.

Nun geht es hier um nichts anderes als ein Quiz, aber steht doch für den Umgang mit Menschen, die alles auf eine Karte setzen und Risiken tragen. Und für ein Land, das bei der Gründerquote auf Platz 27 liegt – von 29 innovationsbasierten Ländern. Das meint jedenfalls Christian Lindner, der mit seiner Wutrede im nordrhein-westfälischen Landtag vor einem Jahr Furore machte. Stimmt es, dass in den USA ein Manager bei Fehlern ohne Gesichtsverlust wieder in seine vorherige Stellung zurückkehren kann? Während es in Deutschland üblich ist, dass jeder so lang befördert wird, bis er an der Stelle seiner Inkompetenz angekommen ist, wie ein FAZ-Leser schreibt?

Letzteres ist natürlich pure Polemik. Dass auch in den USA Scheitern ziemlich scheiße und nicht schön ist, belegt schon ein Zitat von Harry S. Truman „Wenn man erfolgreich ist, dann überschlagen sich die Freunde, aber erst wenn man einen Misserfolg hat, dann freuen sie sich wirklich.“ Neid und Missgunst gibt es also auch in den USA, aber auf jeden Fall auch mehr Wagniskapital für die Zuckerbergs von morgen.

Wie können wir mehr Eigenverantwortung fördern? Ich habe da mal drei kleine Vorschläge:
• Verbannt die Trostpreise von den Kindergeburtstagen!
• Befördert Lehrer, die nicht schönschreiben, sondern querdenken!
• Setzt vor eure Kommentarfunktion eine Sicherheitsabfrage: Soll die Nachricht jetzt wirklich verschickt werden? Wem hilft sie weiter?

Wir Medienvertreter sollten uns aber auch fragen, ob die Jagd auf schlechte Nachrichten und Niederlagen mehr als nur Klickraten fördert. In derselben Ausgabe des Sterns, in der auch Tanja Fuss zu Wort kommt, findet sich auch ein Rückblick auf die Verlierer des Jahres 2015 und saloppen, verletzenden Sprüchen. Angeführt wird er von Ann Sophie, die beim ESC keinen Punkt kassierte. Für mich ist die Sängerin gerade deshalb Heldin, ihr Lied okay, auf jeden Fall weit besser als andere in Wien. Und als sie nach dieser Niederlage immer noch mit rauchiger Stimme in die Mikrofone sagen konnte, „Es hat Spaß gemacht“, habe ich gedacht „Chapeau!“

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