Bergedorf oder Bergstedt – was macht den Unterschied? Der erste Hamburger Stadtteil liegt im Südosten, ist gut drei Quadratkilometer größer, mehr als doppelt so stark besiedelt und vom Elbzufluss Bille geprägt. Bergstedt dagegen liegt im Nordosten Hamburgs, ist von zahlreichen Bächen durchzogen, die im Alsteroberlauf münden.
Weitere Unterschiede gibt es mit Sicherheit, aber darum soll es hier nicht gehen. Es geht darum, dass ich neulich für eine Veröffentlichung eine an einem Landeswettbewerb beteiligte Schule in Bergedorf suchte und in einer Liste die Stadtteilschule Bergstedt fand. Dazu eine Kontaktadresse unter der Domain „sts-bergstedt.de“. Soweit alles logisch. Nur: Mein Hirn war auf Bergedorf programmiert, hatte Bergedorf gelesen und schrieb die Lehrerin als Bergedorferin an.
Ihre Antwort ließ nicht lange auf sich warten
Sie schreiben, dass Sie eine „örtliche Schule“ suchen. Unsere Schule befindet sich im Norden von Hamburg, also sozusagen am anderen Ende von Hamburg aus Sicht der Bergedorfer. Sind wir die gewünschten Ansprechpartner?
Nur zur Info für alle, die diesen Blog zum ersten Mal besuchen: Ich bin gebürtige Hamburgerin und wohne knapp hinter der Bergstedter Grenze. Dass ich bis ins Zentrum Bergedorfs locker 30 Kilometer zurücklegen muss, ist mir bekannt.
Warum sehen wir die Welt alle anders?
Was war passiert? Der Filter in meinem Kopf hatte mich blind gemacht. Ein simples Beispiel für das, was täglich passiert.
- #TheDress: Vor fünf Jahren postete eine junge Schottin ein schlechtes Bild von einem zweifarbigen Kleid. In Natura war es ganz offensichtlich blau-schwarz, aber für die Mehrheit der Internetgemeinde eindeutig gold-weiß. Die unterschiedliche Wahrnehmung hat sogar Psychologen beschäftigt, aber wohl vor allem mit einem Gelbstich-Effekt zu tun.
- #IntellektuelleDemut: Schon Sokrates wusste, dass er nichts wusste und gewann damit die Fähigkeit zur Selbstkritik. Ganz anders der noch amtierende amerikanische Präsident. Wer sich trotz Wahlniederlage zum Sieger erklärt, verbarrikadiert sich intellektuell.
- #Querdenker: Bei einem Experiment ließ der Psychologie Solomon Asch Fakten durch manipulierte Mehrheiten in Frage stellen. Mehr noch: Selbst Mehrheiten lassen sich durch Minderheiten verunsichern, wenn die Unwahrheit nur selbstsicher und lautstark genug vortragen wird.
Die Schlussfolgerung daraus: Jedes Gehirn interpretiert jeden Input auf seine Weise, Objektivität gibt es nicht. Eine Binse? Erst recht für alle, die im Journalismus arbeiten? Dann frage ich mich aber schon, warum mir zwischen dem 24. und 26. November 85 Prozent der kontaktierten Journalisten erklären, sie müssten die Ministerpräsidenten, ihre Schulbeschlüsse und die Reaktionen darauf covern. Mehr noch: Zwei Gesprächspartner betonen, Schulthemen ohne den Fokus auf die Pandemie würden weder geklickt noch gehört. Dann bin ich und eine ganze Reihe anderer Leute wohl niemand. Ich hätte gern mehr Perspektiven und weniger Filter im Kopf.