#PressefreiheitIstDeineFreiheit, #SchuleFürPressefreiheit, #safejournalism – rund um den 3. Mai, den Internationalen Tag der Pressefreiheit gibt es viele Aktionen. Und das ist gut so. Auch wenn es wie eine Hilferuf erscheint, eine Petition mit dem schönen Titel „Make journalism safe again!“ ausgerechnet an den Mann zu schicken, der sich für Gott hält und alles, was nicht in sein Weltbild passt als Lüge diffamiert: Trump nennt kritische Berichterstattung „illegal“ – und es ist zu befürchten, dass er selbst glaubt, was er sagt. Das soll vorkommen, wenn man sich geistig nur noch von Fast Food ernährt und der Einordnung erfahrener Journalistinnen und Korrespondenten vor Ort nicht mehr folgen mag.
Zum Tag der Pressefreiheit sollte es aber auch gehören, sich kritisch an die eigene Nase zu fassen. Bascha Mika, ehemalige Chefredakteurin der taz und Frankfurter Rundschau hat das getan. Hat auf einer Veranstaltung des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) deutlich gemacht, dass Boulevard längst salonfähig geworden ist – auch bei Qualitätsmedien. Mika spricht lieber von „verantwortungsvollen Medien“ und macht deutlich, dass es den Kampf um Aufmerksamkeit durch starke, ironische, aber oft auch polemische Schlagzeilen schon lange gibt – und dass er oft genug daneben ging, auch bei der taz. Spätestens seit den 90iger Jahren beobachtet die Publizistin eine Boulevardisierung der Medienlandschaft.



Drei Gründe
- Die Etablierung des privaten Hörfunks, später des Internets führte zu mehr Wettstreit um Aufmerksamkeit, zu mehr ökonomischem Druck und einer Zeitungsfinanzierungskrise.
- Einzug des Infotainments und damit einhergehend Boulevardisierung der Politik: Personalisierung und Emotionen gewinnen im Wahlkampf an Fahrt.
- news ticker eyerywhere: Nachrichten verbreiten sich schneller und werden fehleranfälliger. Im Zweifel entscheidet sich die Redaktion für das neue Aufregerthema, die Skandalisierung und nimmt die Rüge vom Presserat im Kauf.
Drei „hässliche“Beispiele
- Die Tatsachenbehauptung im Fall des ertrunkenen Josef in Sebnitz, bei der auch SZ, FAZ oder taz auf den Zug aufsprangen und damit journalistische Standards in den Wind schlugen.
- Die Medienkampagne gegen das Heizungsgesetz ( – weil auch Medienleute Gasheizungen besitzen?), die den „Sargnagel für das Heizungsgesetz, die Ampel und die Grünen“ einschlug, so Mika.
- Der Fokus auf das Thema Migration im letzten bundesdeutschen Wahlkampf, der sich auch in der Zahl der Beiträge zu den Attentaten in Magdeburg (1.035), München (951), Mannheim (486) fortsetzte:
Besonders häufig wird eben dann berichtet, wenn ein Tatverdächtiger keinen deutschen Pass hat – dabei gibt es keinen Zusammenhang zwischen Herkunft und Kriminalität.
Prof. Bascha Mika
Drei Konsequenzen
- Bewusstmachung: Boulevard ist menschlich, es bedient Instinkte, auch das Bedürfnis nach Pranger. Aber damit verzerrt die zugespitzte und auf Klicks ausgerichtete Berichterstattung auch unsere Wahrnehmung der Realität.
- Die Mittel des Boulevards sind nicht per se schlecht, weil sie für Aufmerksamkeit sorgen und für kreativen Sprachwitz stehen können: Etwa die 20 Jahre alte griffige Schlagzeile „Wir sind Papst!“ der Bildzeitung, als Kardinal Ratzinger Papst wurde. („Oh, mein Gott!“ bei der taz setzte sich dagegen weniger durch, bedauert Mika). Methoden, die aber niemals menschenrechtsfeindlich werden dürfen.
- Nie das eigene kritische Denken ausschalten: Im Zweifel für den Zweifel!