Fangen wir mal mit der guten Nachricht an. Der Altbau aus dem Jahre 1912 besteht aus zwei Fassadenschalen. Die von der Besitzerin favorisierte Hohlraumdämmung mit Kork als nachwachsendem und damit nachhaltigem Rohstoff ist möglich.
Jetzt die schlechte Nachricht: Als Hamburgerin wendet sich die Eigentümerin an die IFB Investions- und Förderbank und wundert sich:
- Erstens soll sie sehr viele Daten liefern, ein Zeitaufwand von gut 5 Stunden. (Aber okay, das kann man ja vielleicht noch nachvollziehen, Missbrauch muss verhindert werden.)
- Zweitens soll sie im Vorwege einen hydraulischen Heizungsabgleich machen. (Davon hatte ihr Installateur abgeraten, weil das Heizungssystem im Kern noch aus einem Einrohrsystem besteht.)
- Drittens werden ökologische Baustoffe nicht mehr gefördert. (Als nachhaltige Baustoffe mit 11 €/qm statt der üblichen 5,40 €/qm gefördert wurden, sei es zu Mitnahmeeffekten gekommen. Warum dann aber die Förderung nicht einfach auf das übliche Maß reduziert wurde… who knows…)
Halten wir fest: Es ist förderwürdig, Polystyrol in die Zwischenwand zu blasen, ein Dämmstoff, der weder recyclebar noch ökologisch ist, aber immerhin einen LLamdawert kleiner 0,035 W/(mK) erreicht. Es ist nicht förderwürdig, die natürliche, diffusionsoffene und schalldämmende Variante von der Korkeiche zu verwenden. Sie erreicht allerdings auch nur einen LLamdawert von 0,042 W/(mK) – das soll hier nicht verschwiegen werden.
Nur ein kleines Beispiel für die Vorschrift-versus-Verstand-Bürokratie, die gerade so viele Menschen auf die Palme bringt.
Man könnte da jetzt voll einsteigen. Nach dem Heizhammer der Bild-Zeitung und der Energiewende, die gegen die Wand fährt, eine Förderpolitik zugunsten der großen Dämmstoffproduzenten an den Pranger stellen. Das Land einen, wird das allerdings nicht.
Was mich an der Debatte stört
- Personalisierung: Der Hammer steht für Habeck bzw. für ein Instrument, mit dem verbal auf ihn eingeschlagen wird.
- Polarisierung: Nichts spricht gegen eine effiziente Gebäudetechnik und gegen die Chance, an der Lösung der Probleme mitzuwirken.
- Simplifizierung: Kaum einer hat das Heizungsgesetz gelesen, aber jeder redet drüber und zwar am liebsten in Kampfbegriffen.
- Ver-schlagwortung: Öko-Diktatur, Heiz-Hammer, Wärmepumpe sind die keywords, die auf Satirebühnen aufgeladen, in sozialen Medien zum #Hashtag und von da aus zu warwords werden.
Heute haben wir es viel mit Journalisten zu tun, die sich nicht mehr zuständig fühlen für das ganze System Demokratie, sondern ihre Aufgabe allein darin sehen, ständig Leute zu Fall zu bringen, ohne zu merken, wie denn die Auswechselbank besetzt ist.
Christian Wulff, Bundespräsident a.D: Liebe und Hass. Gedanken zur Demokratie
Der Schritt in die Abrüstung
Aufmerksamkeit ist unsere Leitwährung. Sie führt dazu, dass auch Medienmenschen mehr auf Schlagwörter, warwords, Schuldzuweiseung und Skandalisierung als auf Austausch und Aufklärung setzen. Wenn Begriffe wie Gendersternchen oder Wokeness wirklich ausreichen, Wähler zu radikalisieren, sollten wir einfach mal eine Nummer kleiner formulieren und überlegen, wo wir verbal abrüsten und zur Versachlichung beitragen können.
Das Problem bei uns Menschen ist, dass wir uns so schnell an das Gute gewöhnen.
Landschaftsarchitekt Michael Kaschke im Hamburger Abendblatt, 30. Juni
Das Gute ist unsere Demokratie, die auch Andersdenkende toleriert. Freiheit, die aber nicht vom Himmel gefallen ist, sondern die sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes hart erarbeitet haben. Wohlstand, der gefährdet wird, wenn er weiterhin auf Kosten des Planeten geht.
Zurück auf Null
Wie Medienmenschen es besser machen könnten? Mit weniger Empörung und mehr Erklärung. Wie die Regierung es besser machen könnte? Mit weniger Anordnung und mehr Anreiz. Denn gerade die letzten Wochen haben gezeigt: Wenn man zu streng reglementiert, werden die Menschen bockig. Daher sollte nur das Ziel, nicht der Weg vorgeschrieben. Etwa so: Jede geförderte Sanierung muss den CO2-Verbrauch eines Gebäudes nachweislich mindern. Oder noch einfacher: Pro eingespartem Kilogramm gibt es einen Zuschuss vom Staat. Dann müsste die Immobilienbesitzerin nicht Polystyrol in die alte Fassade einblasen, nur um die Förderung abzugreifen. Und keinen hydraulischen Abgleich machen, der die Förderung gleich wieder auffressen würde. Vor allem würde das anerkennen: Es gibt mehr als nur den einen Weg der Gebäudesanierung, den die Lobbyverbände gerade promoten.