“Feedback auf mein Mailing”, sagt meine Freundin und verzieht das Gesicht, “gab es fast nur von Leuten, die gar nicht da waren. Was mache ich bloß falsch?” Gar nichts, versuche ich zu beruhigen – oder alles, würde man die Pressemeldung nur über den Verteiler jagen und sich dann zurücklehnen. Das reicht nicht aus, weil in der Flut so vieles untergeht. 1072 noch unbearbeitete Mails hatte eine befreundete Abendblatt-Redakteurin gestern noch im Postfach – da kann schon mal das eine oder andere durchflutschen. Die Redakteure müssen also noch nicht einmal löschen, um der Lage Herr zu werden. Sich ducken, allenfalls die Betreffs scannen – ob irgendwo interessante Zahlen locken – und auf gar keinen Fall antworten, reicht auch. Es sei denn die automatische Rückantwortfunktion ist eingeschaltet:
Ich bin derzeit nicht im Büro und lese meine Mails (auch anschließend) nicht. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an das Sekretariat … Für langfristigere Absprachen melden Sie sich bitte noch einmal:Am 12. November bin ich wieder erreichbar. |
Dies Beispiel aus der SZ-Redaktion finde ich höchst sympathisch und es sagt dreierlei aus: 1. Mails, die während des Urlaubs auflaufen, werden allesamt ungelesen gelöscht. 2. Wenn es dringlich ist, sollte man lieber mal zum Telefon greifen. 3. Langfristiger Kontakt und Themenabsprachen sind willkommen – kurzfristiges Pressemeldungsgepusche nicht. Haben also E-Mail und Verteilerpflege ausgedient?, fragt der PR-Service news aktuell. Nein, lautet die Antwort, untermauert von einer Umfrage. Demnach ist die E-Mail noch das wichtigste Recherchetool für Journalisten, aber sie sollte kurz, nachrichtlich und verlinkt sein.
Was mich an diesen Zahlen stutzig macht, ist das noch relativ gute Abschneiden von Presseportalen. Sorry, vielleicht mache ich da etwas falsch, aber ich kenne nur verheerende Ergebnisse, zumindest, was die Zahl der Visits angeht. Aber nun ja, Mehrfachantworten waren schließlich erlaubt und wer will da schon einem Pressedienst auf die Füße treten. Viel wichtiger ist doch wohl eine andere Frage: Was heißt hier Recherche? Die sollte doch eigentlich über Mails, Google, Archive und den Schreibtisch hinausgehen und mit Erleben und Gesprächen vor Ort einhergehen. Aber wer kann sich das noch leisten?, fragt Redakteur Hans Hoff im Medienmagazin journalist und bläst den PR-Dienstleistern ein wenig Sand ins Getriebe:
Die Frage lautet aber nicht nur: Wer redet noch mit den Menschen vor Ort? Sie lautet vor allem: Wer redet noch mit Journalisten, ohne eine klare Agenda im Kopf zu haben. Merke: Alle wollen was, und die wenigsten wollen das, was der Journalist will. |