Kokumu: Kommunikation ohne Kuddelmuddel!
Vor kurzem hatte ich ein merkwürdiges Telefonat mit einer Professorin. Ich rief an und fragte nach einer speziellen Studie, von der ich gleichzeitig hoffte, dass es sie nicht geben würde, denn eigentlich hatte ich schon viel zu viel Zeit in die Geschichte investiert. (Für alle Nicht-Medienmenschen: Ich werde niemals nach Zeit, sondern nur nach Zeile bezahlt.) Die Hochschulforscherin aber wollte es keinesfalls bei einem kurzen Nein belassen, vielmehr signalisierte sie mir, dass sich schon Antworten auf meine Fragen fänden, würde ich diese konkretisieren, Sozialerhebungen durchforsten und Vergleichsgruppen einbeziehen. Dabei war sie in ihrer Hilfsbereitschaft und ihrem Redefluss kaum zu bremsen, so dass ich zwischendurch einen Weg suchte, sie wieder loszuwerden, was reichlich unhöflich war. Schließlich hatte ich ja angerufen und um Hilfe gebeten.
Das Problem: Meine Frage (Suche nach einer Studie) und Intention (Hoffnung, dass sich diese nicht finden würde) stimmten nicht überein, ich hatte zwei Seelen in meiner Brust, meine Kommunikation war inkongruent und damit nicht aus einem Guss. Das führte dazu, dass das Gespräch ins Kuddelmuddel mündete.
Was ich dagegen hätte machen können: Mich freundlich bedanken, aber ehrlich zugeben, dass meine Anfrage in gewisser Hinsicht unehrlich war, weil ich mir nichts weiter als eine Absage einholen wollte. Vielleicht hätten wir dann beide über meinen Anruf lachen können.
Wie aus einem Guss darf aber auf keinem Fall mit Zensur oder gar Gleichschaltung verwechselt werden. Im Gegenteil, wenn innere und äußere Stimme nicht übereinstimmen, entsteht das Kuddelmuddel ja erst recht. Es gilt daher, sich seine Widersprüche bewusst zu machen, sie zu thematisieren und Lösungen zu finden, hinter denen der Sprecher und damit Sender der Botschaft voll und ganz steht.
Meine Kokumu Top Five lauten:
- Kommuniziere erst, wenn du dir über deine Botschaft im Klaren bist. (Oder anders formuliert: Erst den Kopf, dann das Mundwerk einschalten!)
- Achte auf Stimmigkeit auf allen Kanälen. (Beispiel: Man kann nicht in Hochglanzbroschüren das Gendersternchen verbreiten und dann als Referentin dem männlichen Vorgesetzten die Zitate zuschustern wollen. Schon gar nicht bei einer Gewerkschaft. Leute, das passt nicht!)
- Blähe die Nachricht nicht unnötig auf. (Beispiel: Vom „Head of Audience Development“ zur Ressortleiterin eines – vor kurzem eingestellten – Digitalangebotes zur „Head of Special Sections“? Das klingt wichtig, aber auch, als wüsste man selbst noch nicht so richtig, was man mit der Personalie anfangen wollte.)
- Nimm dein Gegenüber ernst. (Veraltete automatische Rückantworten tun das nicht. Fast schon erschreckend, am 6. Oktober zu lesen: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich werde Ihre Nachrichten nach meiner Rückkehr am 3. Februar 2020 zeitnah beantworten.“)
- Beachte den Tonfall. (Wenn Mimik und Gestik, wie in meinem Fall wegfallen, macht der Ton besonders viel Musik. Als ich zwischendrin etwas ungeduldig und barsch wurde, sprach die Professorin das noch recht freundlich, aber bestimmt an.)
„Ich merke, Sie sind recht dynamisch unterwegs.“
Hochschulforscherin in dem eingangs zitierten Hintergrundgespräch
Sorry noch einmal dafür.