„Traktor-Flashmob in Zittau“, titelt die Sächsische. Was ist verkehrt daran? Ein Flashmob bezeichnet üblicherweise einen über das Netz organisierten, kurzen Menschenauflauf, bei dem ungewöhnliche Dinge getan werden. Mit Traktoren, die Straßen blockieren und eine Hauptstadt lahmlegen, würde ich das erst einmal nicht in Verbindung bringen. Schließlich dauert es Stunden, bis der Spuk wieder vorbei ist. Und besonders originell ist die Aktion nach den Vorläufern im Juni und November auch nicht mehr.
Aber vielleicht tue ich den Landwirten auch Unrecht, wenn ich mit dem Cyperbegriff Flashmop originelle Aktionen und mit Traktoren Gülle, Wasser- und Luftverschmutzung assoziiere.
Bittere Ernte: Wie wir über Bauern reden
- „5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig“ (Bundesforschungsministerin Anja Karliczek)
- „So ein Landei!“ (Der Autofahrer mit Kennzeichen HH über den Fahrer vor ihm mit Kennzeichen NF – Nordfriesland.)
- „Bauernschläue“ (Im Sinne von: Der Bauer ist schulisch wenig gebildet – allenfalls instinktsicher.)
- „Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt es immer an der Badehose.“
- „Wer nichts wird, wird Landwirt.“
- Und die Kuppelshow „Bauer sucht Frau“ macht es nicht besser.
Kittel, Kopftuch und andere Klischees
Was mich aber so richtig auf die Palme bringt ist die sprichwörtliche Milchmädchenrechnung. Was für ein unzeitgemäßes Bild und falsch noch obendrein: Natürlich konnten die Milchverkäuferinnen früher gut rechnen, anders wären sie wohl kaum mit dieser Aufgabe betraut worden. Und dass der Bäuerin auf dem Weg zum Markt, beim Träumen über die schönen Dinge, die sie sich von ihrem Erlös kaufen wollte, der Milchtopf herunterfiel und zerbrach – das entspricht erst mal nur dem typischen Fabelschema eines Jean de La Fontaine.
Der französische Dichter, der im 17. Jahrhundert lebte, hat jedenfalls nicht zu verantworten, dass Milchmädchen 400 Jahre später immer noch für eine naive Rechnung herhalten müssen. Wir sind es, die solche Klischees gedankenlos weiter benutzen und damit dazu beitragen, dass mathematisch begabte Mädchen sich ein Mathematikstudium nicht richtig zutrauen. Könnte ja sein, dass sie zu den Milchmädchen zählen…
Uns sonst? Die Hoffnung, dass 2020 nicht nur das Jahr wird, wo Landwirte ihre Daten herausrücken, sondern moderne Technik stärker in den Dienst von Natur, Tier und Mensch gleichermaßen stellen. Einfach, weil mit umweltschützenden Maßnahmen mehr Gewinn zu machen wäre. Das allerdings verlangt ein Umdenken bei Politik, Handel, Konsumenten – und damit in unser aller Köpfen. Weder ist der Bauer blöd, noch der Farmer for Future, beide wollen von ihrer Arbeit möglichst gut leben können.