Schon wieder Post in der Mail-Box. Ein Eintrag zu einer Veranstaltung, die schon vergangen ist mit einem Link zu einem Kurzfilm, der nicht viel länger als eine Minute dauert. “Nur heute online, gerne teilen”, steht noch im Betreff, immerhin in Klammern. Und wieder ist meine Aufmerksamkeit kurz woanders und ich entscheide,dass ich mir das nicht anschauen will, auch wenn es kurz ist, ja, gerade weil es so schön kurz ist und nur dazu da ist, um mich abzulenken. Und ich teile hiermit mit, dass mich solche Aufforderungen und Unterbrecher nerven. (Wobei, schon klar, ich selbst schuld bin, ich lasse mich halt gern mal unterbrechen.) Natürlich verstehe ich das voll und ganz und weiß aus leidvoller Erfahrung, dass eine Agentur für Kommunikation da mitmachen muss, den Sog der kurzen Filmchen und schnellen Meinungen, die sich im Idealfall rasant verbreiten, bevor sie in der Masse neuer Meinungen, Links und Posts verschwinden. Oder wie Till Raether im SZ Magazin schreibt in
einer belanglosen Brühe aus Mini-, Mega- und Meta-Hypes, aus Soundbite-Meinungen und Teaser-Wissen.
Den Artikel kann ich übrigens wirklich empfehlen. Auch weil ich ihn von Anfang bis Ende gelesen habe. Was ja, wie der Autor beschreibt, immer seltener der Fall ist und wir uns über Dinge, Bücher, Filme, Ereignisse auslassen, die wir nie gelesen, gesehen, geschweige denn erlebt haben. Was auch dazu führt, dass immer weniger Leute die SZ lesen, sondern ihre Tweets. Mich macht das irgendwie nervös. Gar nicht der Druck, mitzuzwitschern. Ich muss nicht überall Senf dazugeben, schon gar nicht, wenn er nicht mein eigener ist. Und ich habe auch kein Problem, als kulturelle Analphabetin dazustehen. Aber es fällt mir schwer, ganz aus dem Sog der “Social-Media-Algorithmen” auszusteigen, mich dem Geschwätz und den Zeitfressern ein für allemal zu entziehen. Ich sei so hektisch, sagt mir meine Kundin. “Du hast nie Zeit”, sagt meine Tochter. “Es gibt keine Zeit, nur diesen Moment”, sagt mein Yogalehrer. Machen wir das Beste draus!