Seit heute früh herrscht Krieg in der Ukraine. War es 5:45, so wir vor knapp 82,5 Jahren?
Seit 11:11 herrscht Karneval in Köln. So organisiert wie seit fast 200 Jahren.
Eine schockierende Parallelität – und doch ganz normal. Wir blenden sie nur normalerweise besser aus. Weil der Krieg und das Sterben meist weiter weg und uns Wohlstand und Weiberfastnacht näher sind. Weil die Informationslage zudem sehr verwirrend ist und wir uns in der Regel lieber an die greifbaren Fakten vor Ort halten. Und weil das erste Opfer eines Krieges ja bekanntlich immer die Wahrheit ist.
Wenn es danach geht, sind wir schon lange im Krieg. Staatliche russische Medien und sogenannte Informationsportale wie „russia today“ hätten seit Wochen nur eine Aufgabe: Der Ukraine das Existenzrecht abzusprechen und die Öffentlichkeit mit Nazivergleichen und Begriffen wie „Junta“ zu manipulieren, sagt der EU-Kommunikationsexperte Lutz Güllner im Deutschlandfunk und spricht von einem „Desinformations-Ökosystem“.
Wie können wir uns vor Desinformation schützen?
- Sehr, sehr vorsichtig mit Informationen sein, deren Quelle wir nicht kennen
- Fragen zur Quelle stellen: Wer hat das wie recherchiert? War die Autorin vor Ort? Wer bezahlt sie?
- Nachdenken, nachhaken: Wo ist die Ursache, wo die Wirkung?
- Auch mal „nein“ sagen zu vorschnellen eigenen und fremden Kommentaren.
Der djv hat gerade eine Erweiterung des Pressekodex um das Thema der Kriegsberichterstattung angeregt. Wenn die Recherchemöglichkeit in Konflikten unzulänglich ist, müsse die Öffentlichkeit darüber informiert werden, so der djv-Vorsitzende Frank Überall.
Der WDR hat die Live-Strecke zum Straßenkarneval eingestellt und gibt keine Karnevalslieder wieder. Stattdessen wird fortlaufend über Kreml, Kiew, Kanzler und Krise berichtet. Ich wünschte, es gäbe weniger K-Fragen in diesen Tagen und mehr entspannte Brauchtumszonen: Es sind noch genau zehn Monate bis zum Fest der Liebe.