Fangen wir mal von hinten an: Bei funk, dem neuen Jugendkanal von ZDF und ARD, bei dem Youtuber unter neuem Dach auftreten – zu 100 Prozent aus dem Rundfunkbeitrag finanziert. Nee, schon klar, bin da ganz gewiss nicht mehr Zielgruppe und nehme besser ein Blatt vor den Mund bei Formaten wie Datteltäter, Claim: „Hier wird gerade gedreht, geschnitten und aufgeräumt. Bald kommt was Neues.“ Oder funk life, Claim: „Hier wird gerade…“ Mann, ist doch völlig okay, die fangen ja gerade erst an.
In Kontakt mit der Zielgruppe treten sie über Facebook, Youtube und Snapchat. Mail muss nicht sein, Telefon erst recht nicht: „Liebe Deike“, schreibt mir Kristin mit lieben Grüßen, „ich habe Ihre Anfrage an die Kollegen direkt weitergegeben.“ Auf meine Nachfrage, welche Kollegen und wie erreichbar, wird an eine Partnermanagerin ohne Namen verwiesen, die sich schon melden würde, wenn es von Interesse sei. Diese Blockadehaltung ist klassisch, man will sich PR vom Halse halten.
Aber liebe Kristin, ich will dir doch gar nichts verkaufen, ich habe einen Kontakt zu deiner Zielgruppe, 15-19-Jährige und ich habe ein aktuelles Thema, Klimawandel, das offenbar mehr Schüler bewegt, als man so denkt, warum können wir uns denn darüber nicht mal kurz austauschen? Vielleicht voneinander lernen oder beschließen, dass es doch keine Überschneidungen gibt? Die Filterblase zum Platzen bringen, die uns voneinander trennt. Der Begriff stammt von dem US-Autoren Eli Pariser: Internetnutzer bekommen auf Webseiten von Google oder Facebook nur jene Informationen zu sehen, die ihnen entsprechen und gefallen. Andere Sichtweisen werden herausgefiltert.
Die Jugendlichen vom Orga-Team Schülerklimakongress sagen, sie lesen weder Zeitung, noch Zeitschrift. Ich bedauere das und sage, ein guter Zeitungsartikel kann in die Tiefe gehen, zum Nachdenken bringen, Auseinandersetzungen wecken und darüber Veränderung, Verständigung und Fortschritt. Das mag pathetisch subjektiv klingen von einer freien Journalistin, die mal träumte vom Schreiben für die Zeitung leben zu können. Also halten wir es lieber mal allgemeiner: Ein guter Text, egal ob Buch, Blog oder Printmedium kann Fokus schaffen.
Und damit sind wir beim dritten F: Der Fokus auf andere ist in Zeiten der „Klugtelefone“, von denen die Journalistin Carolin Emcke schreibt, selten geworden. In einer anderen Kolumne ergänzt sie: „Etwas zu erfahren, ohne es umgehend zu duplizieren und zu kommentieren – das gibt es kaum noch.“ Aber darum geht es doch in diesem Leben: Gemeinsam etwas zu erleben und sich dann darüber auszutauschen. Wer also mehr Fokus will in seinem Leben, sollte sich:
- Einlassen können: Jeder Moment, auch wenn wir ihn noch so teilen, zerlegen und verwerten ist vergänglich. Einzigartig und damit unvergesslich wird er erst, wenn wir ganz dabei sind.
- Rituale zulegen: Sportler bringen sich durch Aufwärmübungen und Anfeuern auf Erfolgskurs. Und wir lassen uns schon durch eine kleine Nachricht vom Kurs abbringen.
- Selbst nicht so wichtig nehmen: Die Welt wird sich auch ohne uns weiterdrehen…