Da habe ich mit meinem Blogeintrag über den Schmetterling (Jan Böhmermann), dessen Flügelschlag (Schmähgedicht) einen Wirbelsturm auslösen kann, wahrhaft eine prophetische Ader bewiesen. Sogar der US-Late-Night-Comedian John Oliver hat sich des Themas jetzt angenommen und schreibt:
Erdoğan, wenn du so dringend darauf aus bist, dass man sich nicht lustig über dich macht, versuche nicht, die Meinungsfreiheit in deinem Land und in anderen Ländern zu unterdrücken, und verhalte dich nicht so, dass jeder sehen will, wie du einen Tritt in die Eier bekommst!
Genau darum geht es, geben wir den kleinen Dingen doch nicht die große Aufmerksamkeit, nicht einem Präsidenten, der offenbar ein großes Problem mit sich selbst hat, nicht einer mäßig originellen Satire und erst recht nicht einer rechten Partei, die meint, immer noch einen draufsetzen zu können, um neue Aufmerksamkeit zu bekommen. Und was war jetzt noch mal mit den Panama Papers? Nachrichten altern heute schneller als früher, schreibt der Blogger Sascha Lobo und wundert sich: Egal, wie groß geraten ein Thema ist, es gerät nach wenigen Tagen aus dem Fokus der Aufmerksamkeit. Mich wundert das ehrlich gesagt nicht: Der Nachrichtenraum mag unendlich sein, die Aufnahmekapazität der Menschen ist es nicht. Und da ist ein weniger komplexes Thema, das aber immer wieder neue Nachrichten, vor allem Meinungen und Statements (siehe John Oliver) hervorruft, halt dankbarer als die internationalen Schwarzmarktgeschäfte von windigen Finanzakrobaten, die schon ein ganzes Buch hervorgebracht haben. Wer aber hat es schon gelesen?
Sascha Lobo vermutet, dass der Verdrängungswettbewerb um die öffentliche Aufmerksamkeit zu einem Sog führt, der aus Meldungen ganz schnell Meinungen macht, eine Spirale, die zwischen redaktionellen und sozialen Medien entsteht, Tritt- und Drittbrettfahrer einlädt, deren Meinungen dann aber im Moment der Veröffentlichung auch schon wieder veraltet sind und wünscht sich einen Diskurs mit Substanz über den Moment hinaus.
Träum weiter, lieber Freund, ich steige bis dahin auf jeden Fall aus und gelobe, keine Tweets, Posts und Blogeinträge mehr über aktuelle Themen von gestern zu verschicken, keine Meinungen mehr, die doch eh niemanden interessieren. Stattdessen ein kommentarfreies Blog, das vielleicht an der einen oder anderen Stelle doch Substanz bietet, zumindest Momentaufnahmen, die gerade nicht im Fokus stehen. Etwa die Beobachtung, wie Whatsapp auch bei der älteren Usern scheinbar jegliches Wissen über Satzbau, Grammatik, Groß- und Kleinschreibung verschluckt, wo der Unterschied zwischen Spam und Maps liegt und wie Sie die Kommunikation mit Ihrem Medienpartner verbessern. Freuen Sie sich auf ein neues, unspektakuläres Blog im Frühling!