Heute erscheint die Ausgabe der Ruhestands-Redakteure, am Wochenende feierte eine 200-köpfige Redaktion auf 48 Seiten extra vor allem sich selbst: Ja, das Abendblatt ist nun 65 Jahre alt – und natürlich darf und soll das gefeiert werden, aber so ein wenig erstaunt es schon, dass bei all den Sonderseiten, großen Worten und lachenden Teams kein Wort zu lesen ist, über die Zukunft des Traditionsblattes nach dem Verkauf an die Funke-Gruppe. Alles bleibt so wie es ist, lautet wohl die Kernbotschaft, die Chefredakteur Lars Haider verbreiten möchte. Auch wenn ihm selbst der Glaube daran schwer fallen dürfte, zumal er technische Revolutionen auflistet und aus den goldenen Regeln für Redakteure zitiert. Diese fragten schon 1980, wie eine Zeitung aussehen soll, wenn sie im Wettbewerb mit den elektronischen Medien bestehen will. Erste goldene Regel: die Nachricht hinter der Nachricht herausarbeiten und den Leser überraschen.
Der Leser darf nicht denken: „Das weiß ich schon, das habe ich schon gehört oder gelesen.“ |
Ja, und was das betrifft, hat die Sonderveröffentlichung ihr Ziel verfehlt. Jedenfalls legten meine Kinder die vielen Seiten schnell beiseite. “Wie langweilig”, stöhnte die 16jährige Tochter. “Was soll das?” murmelte der Sohn beim Überblättern der Preise, Promis, Potentaten: Wie der junge Axel Springer dafür kämpfte, seinen “lange gehegten Traum von einer eigenen Tageszeitung” zu verwirklichen, ist für einen 18jährigen allenfalls eine Randnotiz. Schade, dass wir den Verleger nicht mehr fragen können, was er von dem Verkauf seiner Grundmarke hält. Die Abendblatt Mitarbeiter jedenfalls äußerten sich gegenüber dem Magazin “Journalist” durchaus besorgt, fühlten sich “nicht gewürdigt und in den Hintern getreten“. Jetzt strahlen sie bei der Selbstvorstellung, die im Fotoressort sinnigerweise den Titel “Bitte lächeln” trägt. Was bleibt ihnen auch anderes übrig. Ist schließlich Geburtstag und noch darf er in der Springer AG gefeiert werden.