Gerade war ich auf einem Zukunftstechnologiekongress. Dieser richtete sich an Schüler – schließlich haben sie das Leben und damit ein Menge Technologiesprünge noch vor sich. (Wenn das so weiter geht und das Mooresche Gesetz über exponentiell steigende Rechenleistung weiter Recht behält, möchte ich lieber nicht tauschen. Für das Ökosystem und damit die Lebensqualität auf dieser schönen Erde verspricht es zumindest nichts Gutes. Aber wer weiß, vielleicht wird es die Generation Z schon richten…)
Auf besagtem Kongress hat Thomas Vögele, Wissenschaftler am Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, kurz DFKI, mal geschaut, wie unsere Vorfahren sich die Technik der Zukunft vorgestellt haben und sowohl fliegende als auch selbstfahrende Autos gefunden. Ein Foto zeigte eine Familie, die auf dem Dach ihres Fahrzeugs ein Brettspiel ausgebreitet hatte – schließlich musste ja niemand mehr auf den Verkehr achten. Das nenne ich mal eine hübsche Illusion: Beobachtet man heute eine Familie etwa an einem Abteiltisch der Deutschen Bahn, schauen in der Regel drei von vier Familienmitgliedern in ihr Smartphone – und das vierte guckt in die Röhre, weil sein Akku gerade leergelaufen ist. „Das Internet hat niemand vorgesehen“, sagt Vögele.
Heute kann fast niemand mehr ohne das Internet, jedenfalls nicht arbeiten. Und es hat das Leben von jungen Leuten entscheidend verändert: Das Leben wird aus der Kameraperspektive angeschaut, dann im Bild festgehalten, verbreitet und an der Zahl der Likes festgestellt, wie gut das Erleben war. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Rheingold hoffen 30 Prozent der Jugendlichen, über Instagram und Co. berühmt zu werden. Vor zehn Jahren waren es gerade mal 14 Prozent. Die Rheingold-Psychologin Ines Imdahl erklärt das mit Allmachtsphantasien als Antwort auf Ohnmachtsgefühle: Die Zeiten sind gesellschaftlich und politisch unübersichtlicher geworden, also konzentrieren sich die jungen Leute, auf die Bereiche, wo sie sich mächtig fühlen – bei der Kontrolle des eigenen Lebens und der Selbstinszenierung.
Liebe Generation Selfie, legt ab, was euch unglücklich macht: Schablonen, Inszenierung, ständige Vergleiche. Mein Tipp: Lauft euch lieber mal eine Runde warm, dann setzt euch mit gestreckten Beinen auf den Boden, winkelt ein Bein an, so dass die Sohle den Oberschenkel berührt, streckt beide Hände zur Decke, beugt den Oberkörper langsam nach vorne und greift mit den Händen den ausgestreckten Fuß. Dann heißt es eine Minute lang: durchhalten, durchatmen und anschließend das Bein wechseln.
Nun, es kann natürlich auch eine andere Yogaübung sein. Was sie in jedem Fall bringen sollte:
- 100 Prozent Auszeit statt permanenter Teilaufmerksamkeit
- Einklang mit sich selbst anstelle der Angst, stets und ständig etwas zu verpassen
- Flacher Bauch statt Flatulenzen!
PS. Späte Erkenntnis: Hätte die Übung selbst früher machen sollen, dann wäre ich heute vielleicht nicht so verkürzt…
PPS. Fürs Weiterlesen: Jean Twenge, Professorin für Psychologie in San Diego hat zu der Entwicklung und dem Lebensgefühl der Generation Selfie gerade ein Buch veröffentlicht “Me, My Selfie and I“. Fazit: Maximal zwei Stunden Smartphone-Zeit am Tag und das Teil niemals mit ins Bett nehmen!