Ich habe meinem Dienstleister geschrieben. Richtig so wie früher mit Umschlag und Briefmarke. Ich hoffte damit mehr Eindruck zu erzeugen, nachdem Mails und Anrufe keinerlei Wirkung zeigten. „Haben Sie nicht jemand in der Nachbarschaft, der sein Pony aufsattelt und das Schreiben kurz vorbeibringt. Das würde wenigstens Aufmerksamkeit erzeugen“, scherzt Tobias, ein Bekannter, nachdem ich mich beschwerte, dass die Post fünf Wochen später immer noch unbeantwortet war.
Die Ironie der Geschichte: Jetzt hat mich Tobias selbst in Sachen O2 kontaktiert. Vor einer Woche sollte sein neuer Tarif geschaltet werden, mit einer deutlich schnelleren Leistung. „Das Ergebnis: altes Produkt abgeschaltet, neues nicht aufgeschaltet – alles tot“, schreibt er mir. Was tut jemand ohne Zugang zum Netz und Telefonleitung, wenn der Telefonanbieter voll und ganz auf einen Chat-Service setzt („der richtige Kontakt für dein Anliegen“)?
Tobias nutzt einen LTE-Stick als Internet-Zugang, aber aus dem O2-Chat fliegt er raus, weil die Verbindung zu schwach ist. Per Handy wählt er verschiedene teure Hotline-Nummern an, wo er um Geduld gebeten wird. Als er endlich an die Stelle kommt, wo er sein Stichwort „Störung“ eingeben kann, wird die Verbindung wiederholt unterbrochen. Er fährt zum Unternehmen in die City Nord, wo er lange nach einem Hausbriefkasten suchen muss. Stattdessen findet er ein am Wochenende verschlossenes Kunden-Center, das aber laut Aushang eh für gar nichts zuständig ist, dafür aber auf die bekannten Hotline-Nummern und eine Faxnummer verweist: „Macht Sinn, wenn man kein Telefon hat“, meint Tobias lakonisch und hätte jetzt gern von mir eine Nummer, wo man noch Menschen erreichen kann!
Liebes O2-Service-Team, was muss eigentlich noch alles passieren:
- Markt hat sich wiederholt bei euch eingemischt, erst am 31. Juli wieder, alles egal?
- Die Presse berichtet wiederholt über schlechten Service und Störungen – tangiert euch nicht?
- Auf euren Geschäftsbriefen verzichtet ihr auf Telefonnummern, verweist stattdessen auf eine Kontaktseite im Netz: Was aber, wenn euer DSL-Service nicht funktioniert? Oder anders gefragt: Was ist das für ein Telefonanbieter, der telefonisch nicht zu erreichen ist?
Ich schreibe euch mit einem ganz konkreten Anliegen: „Seit ich mich entschlossen habe, meine Mails extern zu lagern, haben Kunden mit ehemaliger Hansenet- oder Alice.de-Domain keine Chance mehr, mich zu erreichen“ und bitte euch den Mail-Server im Zusammenhang mit meiner Adresse zu überprüfen. Was tut ihr: Erst mal nichts, dann versucht ihr mich anzurufen (immer schön tagsüber auf der privaten Festnetznummer statt die vom Büro anzuwählen, die ich schließlich auch von euch habe!) und schreibt dann eine 08/15 Antwort, wo ihr auf euren Online-Service-Bereich verweist. „In vielen Fällen ist Ihr Anliegen dadurch bereits schnell gelöst“. Ja, dann löst doch bitte schnell, Anliegen hatte ich doch detailliert aufgeschrieben – oder ist Lesen auch schon zu viel verlangt?
Deutschland ist, was Telefonanbieter angeht, ein Entwicklungsland. Wird es besser, wenn ich zur Konkurrenz wechsele? Klar, da kann ich nach kurzer Beschallungsmusik und ein paar Chatbots mit Sophie oder Serge quatschen, die mir den besten Tarif, die schnellste Verbindung und eine ganz neue Unterhaltungswelt versprechen, die ich gar nicht will. Aber wehe der Service läuft nicht, dann sind Sophie und Serge plötzlich nicht mehr zuständig: Oh, da stelle ich Sie mal weiter…und zack ist die Leitung unterbrochen!
Tobias dagegen hat Glück gehabt oder sagen wir mal, ein gutes Netzwerk. Über den Tipp eines Ex-Mitarbeiters ist er an eine Geheimnummer und darüber ins DSL-Zentrum von O2 gelangt und konnte mit Sandra sprechen. Direkt und ungeschönt. „Oh, da ist vergessen worden, das umzuschalten“, entschuldigt sie sich. Drei Minuten später blinkt Tobias‘ Router wieder. Ein kleines Problem, das eine Woche gebraucht hat, nur weil niemand zu sprechen war…