Fangen wir mal mit einem aktuellen Aufhänger an: Es ist die Sehnsucht nach Einfachheit und Unabhängigkeit, die viele Menschen in ein Reisemobil und jetzt vielleicht auch in den Caravan Salon nach Düsseldorf führt. Aber da die Zahl der Wohnmobilbesitzer seit Corona nach oben geschossen und nicht wieder zurückgefallen ist, muss man sich auf der Messe auch mit Themen wie dem Vierten Deutschen Stellplatztag herumschlagen. Eigentlich ist es ganz banal und wird doch oft vergessen: Wenn sich zu viele zur selben Zeit mit demselben Ziel aufmachen, wird aus der Individualreise Massentourismus – und Robinson bleibt auf der Strecke.
Machen wir mit einer zeitgeschichtlichen Einordnung weiter: Nein, unsere Vorfahren hatten es gewiss nicht leichter, so ganz ohne maschinelle Haushaltshilfen und intelligente Werkzeuge. Und doch hatten sie es einfacher, weil weder Nachrichten oder Bewertungen noch Alexa dazwischenfunkten. Daher fühlen sich heute so viele Menschen überfordert, obwohl ihnen doch das Navigieren, die Suche und inzwischen auch das Schreiben, Malen oder Komponieren mit generativer KI so viel leichter gemacht wird. Einerseits. Andererseits kommen monatlich so viele neue Tools auf den Markt, dass man mit dem Ausprobieren gar nicht mehr hinterherkommt und einfachheitshalber weiter dem bekanntesten Chatbot hinterherläuft, der sich um Urheberrechte einen Teufel schert. Ach herrje, es ist komplex. Umso größer unsere Sehnsucht nach Simplizität.
Was einfach ist, ist falsch; was kompliziert ist, ist unbrauchbar.
Paul Valéry, angepasst und übersetzt mit Deepl
Kommen wir zum Eigentlichen: Damit bin ich bei einem meiner Lieblingsthemen, der effizienten zielgerichteten Kommunikation. Häufig sehnen wir uns beim Blick in die Inbox nach einer Zero E-Mail Policy. Aber machen wir uns nichts vor: Ob wir nach unserem Urlaub einen Poststapel (früher), Mails (immer noch in den meisten Unternehmen üblich) oder Chat-Protokolle (Start-up) durcharbeiten müssen, macht keinen Unterschied. Und wer schon mal nicht ganz freiwillig in eine Chat-Gruppe geraten ist und rätseln musste, wer da jetzt mit wem kommuniziert und gemeint ist, fühlte sich fast schon wie in einer CC-Hölle mit ellenlangen Re-Wüsten.
Wie also geht es simpel:
- Bitte höflich: Man muss nicht jedes Mal die Anrede und den Gruß wiederholen, aber im ersten Anlauf gehört es dazu und muss auch richtig sein. (Auf „Hallo Ute“ reagiere ich ebenso allergisch wie auf „Sehr geehrte Frau Unterwald“.)
- Bitte gegenlesen: Klar, passieren Fehler, aber der Adressat und unser Anliegen sind es wert, dass man sie möglichst vermeidet. (Sich die Mail noch einmal laut vorzulesen, hilft, dann macht man sie auch nicht unnötig lang.)
- Bitte klar: Man darf vereinfachen, um sich verständlich zu machen. Das ist die eine Kunst. Die andere, das Ganze thematisch zu gliedern und damit übersichtlich zu gestalten. (Das können Bullet Points sein, meist hilft schon der Absatz. Von drei Mails für drei Angelegenheiten hintereinander rate ich ab, das erhöht ja nur das Mail-Aufkommen.)
- Bitte prägnant: Ein aussagekräftiger Betreff signalisiert dem Gegenüber, worum es geht und ob die Angelegenheit noch einen Aufschub duldet. (Auch da kann man sich nach den Vorlieben der Adressaten richten. Eine Kundin bat mich, den Betreff auf keinen Fall zu ändern, wenn es sich um eine längere Kommunikation handelt, auch wenn ein neuer Aspekt hinzukomme. Eine andere bat darum, die To-Dos auf jeden Fall in den Betreff zu nehmen, weil sie die Mails allenfalls überfliege…)
Apropos und damit komme ich im Sinne der Simplizität schon zum Abschluss und Ausblick: Das ständige Quer- und Nebenbeilesen sollten wir uns unbedingt abgewöhnen. In Zeiten von Chatbots und Desinformation kommt es einfach sehr auf unsere Lesekompetenz an: Es gilt, sehr viel kritischer und bewusster zu lesen als früher.