Meine Nachbarin meldet sich bei mir. Sie hat meinen Artikel über junge Schiffsmechanikerinnen im Abendblatt gelesen und findet ihn toll. Noch besser hätte sie es allerdings gefunden, wenn ich statt Hapag-Lloyd auch mal ihren Arbeitgeber, Hamburg Süd erwähnt hätte. Liebe Sabine, weiß ich doch, dass Du da arbeitest, Du hast mich doch schließlich überhaupt erst auf das Thema gebracht. Deshalb habe ich auch flugs nach der Themenvergabe in Deinem Unternehmen angerufen. Pflichtbewusst, wie es sich gehört in der Pressestelle und gut vorbereitet mit einer konkreten Geschichte im Kopf: Ich hätte gerne den Kontakt zu Frauke, einer früheren Auszubildenden, die nach ihrem ausgezeichneten Abschluss inzwischen Nautik studiert. Die Pressestelle verweist auf die Ausbildungsleiterin. Diese gibt mir eine Handynummer und verabschiedet sich in den Urlaub. Die Handynummer endet im Nirwana – auch nach einer Woche noch. Ich rufe die Vertreterin der Ausbildungsleiterin an und kriege eine andere Handynummer. Ein paar Stunden später meldet sich Frauke zurück. Ich bedanke mich, erkläre mein Anliegen und bekomme zu hören: “Ich darf aber nicht mit Ihnen sprechen!” So gebiete die Pressestelle. Wie bitte? Ich rufe bei der Personalabteilung an, die beschwichtigt: Das werde man klären, freue sich aber über die Reaktion der früheren Auszubildenden, die alles richtig gemacht habe: “Bei uns muss alles vorher durch die Pressestelle gehen.” Von mir aus, dann geht mal schön, aber lasst mich bitte meine Arbeit machen. Oder? Nö, keine Resonanz, nach letzter Rückfrage heißt es nun auch in der Personalabteilung, man dürfe tatsächlich nicht mit mir sprechen, weil ich ja nicht über den “Director Corporate Communications”, Eva Graumann gegangen sei. Klar bin ich, habe zumindest die Nummer gewählt und wenn da eine Kollegin drangeht und mich an die Personalabteilung verweist, soll ich dann sagen, nee, das dürfen Sie aber nicht, ich muss ja erst mit Frau Graumann sprechen? Oder soll ich gar vor jeder Geschichte einen Kniefall plus Schriftantrag machen?
Liebe Pressestellen-Vertreter, wenn Sie gute, lebendige Geschichten über Ihr Unternehmen in der Zeitung lesen möchten, arbeiten Sie bitte mit und nicht gegen die Medienvertreter. Und seien diese noch so klein, frei und unbedeutet – sie könnten auch ein Türöffner sein.