Heillose Zustände – oder wenn Blogs abdriften

Heillose Zustände – oder wenn Blogs abdriften

Wie lautet die Goldene Blogregel? „Fokussiere dich auf ein Thema“, findet Peer. Das sieht auch meine Tochter so: „Dein Blog ist ein Bauchladen, Mami. Was ist eigentlich dein Thema?“, kritisiert sie. Nun mein Thema ist weit, alt und unendlich spannend: Kommunikation! Und da kann es schon sein, dass ich nicht nur über Medien schreibe, sondern auch mal Medizin.

Dies hier etwa: Eine Krebsvorsorge am Quartalsende endet mit der ärztlichen Aufforderung, doch in gut einer Woche mal telefonisch nach dem Ergebnis zu fragen. 14 Tage später rufe ich an, „alles in Ordnung“, sagt die Sprechstundenhilfe nach einem Blick in den Computer. Erleichtert will ich schon auflegen, als sie noch hinzufügt: „Jetzt haben wir das neue Quartal und bräuchten Ihre Versichertenkarte bitte noch einmal.“ Ich stutze: „Wie jetzt, für diese kleine Auskunft verlangen Sie ein Honorar?“ Ich bin ehrlich empört, vergesse aber dann die Angelegenheit. Bis mich die Sprechstundenhilfe erneut anruft, ich müsste die Versichertenkarte noch vorbeibringen. Großzügig fügt sie hinzu: „Sie können uns auch eine Überweisung schicken oder die Karte in die Post stecken.“

Krank bin ich zum Glück gerade nicht, den weiten Weg in Stadt will ich mich aber auch nicht machen und wähle den Postweg – mit frankiertem Rückumschlag, versteht sich. Das ist vor dem Poststreik. Meine Karte kommt an, wird eingelesen und wieder zurückgeschickt. Das ist mitten im Poststreik: Seit drei Wochen schon, kein Brief, keine Zeitung, kein Paketdienst für die Nachbarn. Dumm gelaufen. Und noch dümmer kommuniziert: „Wir können das leider nicht mehr quartalsübergreifend abrechnen. Aber das Gespräch gehört nun einmal dazu, davon leben wir ja“, hatte die Sprechstundenhilfe gesagt – und mich verärgert. Ein Gespräch, das nur aus dem Halbsatz „kein Befund“ besteht, ist für mich keines und wenn ich mir jede Anfrage (Ist die Formulierung xy so okay? Wie findest du unseren Facebook-Eintrag? Haben Sie noch einen aufmerksamkeitsstärkeren Titel für uns?) honorieren ließe, wäre ich schon reich.

Wie also hätte die Kommunikation erfolgreich verlaufen müssen: „Tut mir leid, aber die Krebsvorsorge ist eine gesetzliche Leistung, die aus den Teilen Untersuchung und Ergebnisbesprechung besteht. Wenn keine Befund vorliegt, fällt die Besprechung entsprechend kurz aus, die Zeit kommt denjenigen zugute, bei denen das nicht so ist. Das ist eine Mischkalkulation.“ So oder ähnlich. Wenn man dem Menschen erklärt, was er aus seiner persönlichen Erfahrung („Aber das ‚Gespräch‘ hat doch nur drei Sekunden gedauert und verlief ganz ohne Beteiligung der Ärztin“) nicht begreifen kann, kommt die Botschaft doch gleich anders an. Und aus der Idee von einem Gesundheitssystem, das dringend mal zum Arzt müsste entsteht so etwas wie ein Gefühl von Solidarität.

PS. Gestern beim Zahnarzt:„Neues Quartal, wir benötigen noch Ihre Versichertenkarte“. „Die hat der Postmann“, erkläre ich. Die Sprechstundenhilfe schaut, als ob sie mich am liebsten zum Psychiater überweisen würde. Aber ohne Karte geht das zum Glück ja nicht…

 

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