Linear verschickt – und direkt im Müll gelandet

Linear verschickt – und direkt im Müll gelandet

Deike Uhtenwoldt

Neulich lag ein Umschlag von der Deutschen Post Direkt GmbH in meinem Postkasten, direkt unter dem Aufkleber „Bitte keine Werbung“. Drinnen ein Jubiläumsgeschenk vom Möbelhaus Höffner „exklusiv für Frau Uhtenwoldt“ im Wert von 50 Euro – vorausgesetzt ich kaufe Waren im Wert von 100 Euro. Ich frage mich, was das für eine Exklusivität ist, wenn ich noch nie in meinem Leben bei Höffner war und weder Boxspringbett noch LED-Deckenleuchte brauche – im Gegenteil, Ähnliches habe ich gerade bei ebay im Angebot. So günstig und gut wie geschenkt! Beauftrage ich deswegen die Post Direkt? Ganz sicher nicht, weil ich überzeugt bin, dass die passenden Interessenten schon richtig suchen werden. Vom Gießkannenprinzip halte ich gar nichts.

Das lineare Sender-Empfänger-Modell war gestern. Es geht davon aus, dass Sender und Empfänger die gleiche Kodierung für eine Nachricht verwenden. Und vernachlässigt alle Phänomene der zwischenmenschlichen Kommunikation, wie emotionale Aspekte, Ungenauigkeit, Missverständnisse und Kreativität, die sich gegenseitig beeinflussen und Impulse geben. Daher bin ich ja auch allen Messenger Diensten, Mails und SMS zum Trotz nach wie vor ein Fan des direkten Gesprächs und Telefonats. Weil das ungleich effizienter ist.

Ein Beispiel: Ich habe bei einer Webdesignerin noch ein Restguthaben für eine halbe Stunde Beratung im Wert von 60 Euro. Das ist eine Menge Holz, das ich ganz gewiss nicht für Small Talk ausgeben will. Da der Anruf aufs Handy ins Leere geht, frage ich kurz per Mail, wann wir mal telefonieren können und schicke – dies ein Fehler – ein Screenshot mit. Es enthält das Kontaktformular meiner Seite, das sie eingefügt hatte, das aber hakt: „There was an error trying to send your message. Please try again later.“ Kurz darauf bekomme ich eine lange Mail mit Anleitungen zurück, wie ich den Text im Kontaktformular ändern kann sowie die Aussage, dass ich mich für einen Telefontermin noch um eine Woche gedulden muss! Ja, genau Service sieht anders aus, aber das ist eine andere Geschichte. Am Ende ist mein Guthaben um 20 Euro ärmer, aber ich bin keinen Schritt weiter!

Teure Missverständnisse, Möbel Höffner und so viel Müll. Unten auf dem Jubiläums-Schreiben steht ein kleingedruckter Widerspruchshinweis: „Sollten Sie keine Info- oder Werbesendungen wünschen, richten Sie Ihren Widerspruch bitte an den Absender.“ Bei der Post Direkt hat man schon auf meinen Anruf gewartet, so scheint es: Der Herr der Hotline keucht kurzatmig in Telefon und scheint sich nicht so wohlzufühlen, aber immerhin er versteht sofort, was ich will und gibt mir eine kostenlose Servicenummer mit auf den Weg – falls es mit der Weiterleitung nicht klappen sollte. Aber nicht nötig, die Dame am anderen Ende der Leitung ist nicht nur extrem freundlich, sondern auch überraschend direkt: „Ich habe mich auch sperren lassen“, verrät sie, „was soll man mit Informationen, die man nicht haben will.“ Vielleicht der Anfang für ein neues Post Direkt Geschäftsmodell, interaktiv, komplex und zirkulär.

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