Mikrojournalismus versus Public Service Journalismus: Wer überlebt?

Mikrojournalismus versus Public Service Journalismus: Wer überlebt?

Pressetext Deutschland hat sich mir vorgestellt – als Alternative zu “einschlägigen Dienste wie ots, news aktuell und auch dpa” – nur eben “effizienter”, heißt es. Hoppla, habe ich da etwas nicht mitbekommen? ots steht für Originaltextservice und ist ein Angebot von news aktuell – und das ist wiederum ein Unternehmen der dpa, sozusagen der PR-Service der Deutschen Presseagentur. Die goldenen Zeiten der dpa mögen was die Finanzierung betrifft vorbei sein, aber für die Wertigkeit einer Nachricht ist das Kürzel dpa immer noch Gold wert. Dazu genügt ein Blick in die Tageszeitung, Tagesschau oder auch Online: Wie viele Treffer erzielt das Kürzel dpa im Vergleich zum Kürzel pte? Nein, nicht der Spezialist für Kautschukmischungen, die Polymer-Technik Elbe GmbH oder das Franchise-Angebot “Pädagogisch Therapeutische Einrichtung” sind gemeint, sondern “Europas Presseverteiler“.

Feuer- und Nachrichtenteufel in Bargteheide

Feuer- und Nachrichtenteufel in Bargteheide

Unsere Kommunikation wird flüchtiger und intensiver, sagt John Lloyd, Direktor am Reuters Institute for the Study of Journalism an der Oxford Universität in einem Interview mit der Süddeutschen und sorgt sich um die Finanzierung und damit das Überleben des “Public Service Journalism”, also die Analyse und Recherche, aber auch Schlagzeilen. Diese Sorge teile ich durchaus. Ich will nämlich nicht nur von Twitterern mit Nachrichten versorgt werden, die zwar am Zahn der Zeit, aber nicht immer nah an der Wahrheit dran sind. Kleines Beispiel aus dem Hamburger Vorland: ein Brand in Bargteheide, laut Twitter waren es 41 Verletzte, in der Realität laut Lübecker Nachrichten zum Glück “nur” sechs. Großes Beispiel die Twitterbasierte Berichterstattung über den Amoklauf von Winnenden, die auch der Deutsche Journalistenverband als Selbstinszenierung, verantwortungs- und pietätslos kritisiert hat. So mahnt DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken:

ine Berichterstattung, die den Journalisten in den Vordergrund rückt und gezielt die Sensationslust eines Teils der Nutzer bedient (…) geht über die Informationspflicht der Medien weit hinaus und birgt die Gefahr, die Glaubwürdigkeit der Medien nachhaltig zu beschädigen.”

Da lob ich mir doch die Nachricht mit dem Kürzel dpa – sie wurde geprüft, hinterfragt, redigiert und für nachrichtentauglich befunden – für den Leser Gold und hoffentlich auch mal wieder Geld wert.

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