Facebook, wir müssen reden!

Facebook, wir müssen reden!

Große und kleine Riesen unter sich

Große und kleine Riesen unter sich

Und nun also auch noch der Axel Springer Award. Als hätte Mark Zuckerberg nicht schon genug Freunde und Aufmerksamkeit. Ist der junge Gründer ein Philanthrop, der seinen Unternehmergeist (und seine Millionen) nutzt, um die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen, wie ich aus der Video-Botschaft des Gratulanten Bill Gates heraushöre? „Trotzdem preisgekrönt“ titel tagesschau.de nach der Preisverleihung. Eine Anspielung auf die vielen Hasskommentare, denen Facebook eine Plattform bietet und derer das Netzwerk nicht mehr Herr wird. Weil man in der Regel online so richtig Dampf ablassen kann. Ohne sich selbst und seine Meinung jemals in Frage stellen zu müssen.

Nein, ich will und kann den Hang zum unkritischen Denken nicht allein Facebook ankreiden. Aber ich kritisiere den Algorithmus, nach dem Facebook festlegt, was mir in als erstes angezeigt wird: Es ist nämlich das mir und meinen Interessen vermeintlich Ähnliche, Nachrichten von Freunden, die ich zuletzt gesehen, kommentiert, gelikt habe. Dabei will ich doch von den Freunden lesen, von denen ich lange nichts gehört habe. Menschen, die einen Kontrapunkt zu mir setzen, eine Vision entwickeln, Fragen stellen. Kurz, die mir irgendeinen Erkenntnisgewinn liefern könnten.54c0eefbb7cf3e351e8b45fc

Gibt es sicher auch auf Facebook, finde ich aber zu selten. Meistens bewege ich mich in dem Netzwerk mit einem verdammt schlechten Gewissen und dem Gefühl, Lebenszeit zu verschwenden. Etwa, wenn ich Nachrichten über die Essgewohnheiten anderer Leute, über ihre Katzen oder Kinder sichte oder wenn wieder ein Begleiter meiner Kindheit gestorben ist – und es für diese Nachricht 476 Likes gibt. Liken wir uns zu Tode? Shared attention, das ist eigentlich eine feine Sache. Ich bin Teil des Ganzen. In Wahrheit ist es nichts weiter als eine Rückversicherung: Irgendeiner da draußen denkt ähnlich wie ich – ich bin nicht allein.

Ist Facebook ein Brandbeschleuniger? Dann verdient es in der Tat keinen Preis. Oder zeigt das Netzwerk nur strukturelle Probleme der Gesellschaft auf, wie Sascha Lobo meint:

„Das also ist des Pöbels Kern: Die Bereitschaft der politischen Eliten, im staatlichen Umgang mit eben diesem Pöbel nicht nur die Realität zu ignorieren. Sondern auch das Gegenteil zu behaupten. Ermutigung durch Leugnung.“

Fakt ist, es herrscht Krieg im Netz. Wo bleibt die Friedensbewegung?

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