a tännschen please

a tännschen please

Kurz nach dem Vierten Advent sind die Briefkästen der örtlichen Post voll gelaufen. „Bitte die aufgestellten Körbe in der Filiale nutzen”, steht auf dem handschriftlichen Zettel, der über dem Schlitz klebt. Zur letzten Leerung erscheint ein etwas gehetzt wirkender Abholfahrer, öffnet die Kästen und steht mitten in der Flut: Bunte Weihnachtsumschläge, Drucksachen, Maxibriefe mit selbst gestalteten Kalendern oder Fotobüchern ergießen sich auf den Beiwagen, der schon heillos überladen ist. Ratlos schauen einige Nachzügler mit frankierten Postsachen in den Händen dem Schauspiel zu. „Egal, einfach raufschmeißen“, murmelt der Fahrer mit einer wegwerfenden Handbewegung, die so viel bedeutet wie: Den pünktlichen Feierabend kann ich wieder mal vergessen!

Verblüffend, vermutete ich die „Frohe-Festtage-Flut“ längst in digitalen Gewässern. Seit ich bereits vor gut drei Wochen den ersten Online-Weihnachtsgruß erhalten habe, reißt der Strom nicht mehr ab. Vom Betreff, der schon die Botschaft enthält („Allen ein schönes Weihnachtsfest in diesen sonderbaren Zeiten“), bis zu treffenden, aber nur wenig konsequenten Erkenntnissen („Und noch eine Weihnachtskarte… ;)“) ist manches dabei, was gleich in der Ablage P verschwindet.

Nicht, dass ich etwas gegen Weihnachtspost hätte. Aber wenn sie über den großen Verteiler geht und mich nicht persönlich adressiert, muss sie schon gut gemacht sein, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.

Gut gedacht, reicht eben nicht

  • Der frühe Vogel mag den Wurm fangen, frohe Weihnachtsstimmung erweckt er selten: Die Printen im September nerven mich ebenso wie die Weihnachtsmail drei Wochen im Voraus.
  • Auf die Botschaft kommt es an: Mit digitalisierten Kringeln, Kerzen und Keksen über der Grußformel „Frohe Weihnachten“ gewinnt man keinen Blumentopf und erst recht keine Aufmerksamkeit.
  • Man kann nicht nicht kommunizieren, aber wer es klar, kongruent und konstruktiv tut, kommt sicher zum Ziel: Das gilt für den Medizindienstleister, der seinen Weihnachtsgruß auf eine FFP3-Maske druckt oder die PR-Agentur, die mit Blick auf die Pandemie und einer witzigen Bildidee daran erinnert, wie sehr es auf Kommunikation ankommt.

ALL I WANT FOR CHRISTMAS IS TIME TO POWER OFF

Aber Weihnachtsmailings können auch ihr Gutes haben:

  • Sie werden in kurzer Zeit daran erinnert, in wie vielen überflüssigen Verteilern Sie gelandet sind – und ändern das!
  • Sie geben dem Leben wieder Prio 1 und nicht der Mail, weil das Erste lebenswert, das Zweite selten lesenswert ist!
  • Sie selbst grüßen kurz, aber nicht herzlos in 3G: Gesundheit, Gelassenheit und Gesprächsbereitschaft auf Erden!

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