Das Paradoxon des Digitalen

Das Paradoxon des Digitalen

Unser tägliches Fake gib uns heute

Kommt er nun der Digitalpakt im neuen Jahr? Und wäre das gut oder schlecht? Die Lehrer am Adventskaffeetisch sind sich da keineswegs einig. „Digitale Medien machen nicht zwangsläufig einen besseren Unterricht und wenn die Technik noch so viel Zeit für die Einarbeitung, Bedienung und Wartung benötigt, ist sie vielleicht noch nicht reif für die Schule“, meint eine Grundschullehrerin. „Die Technik bietet ungemeine Chancen, individueller und lustvoller zu lernen, das dürfen wir nicht vertun“, so dagegen ein Kollege. Allerdings lohne sich die Investition nur, wenn sich damit auch das eigene Rollenverständnis ändere: weg von der allwissenden Autorität zum interagierenden Lernbegleiter.

Eine Lehrerin hat mal auf einer launigen Abifeier zugegeben, dass sie ein Machtmensch sei und die Lust, zu dirigieren, zu bestimmen und zu bewerten ihre Berufswahl bestimmt habe. Aber nicht nur bei solchen Menschen nagt es am Selbstbewusstsein, wenn Schüler stets mit ihrem Besserwisser-Tool an der Hand jede Lehreräußerung in Frage stellen: „Bei Wikipedia steht das aber anders…“.

Coding kann doch jedes Kind
Auf einer Lehrertagung, Initiative NAT, Claudia Höhne

Die Digitalisierung ist brutal

Ralf-Peter, Stadtplaner und Unternehmer

Es ist wie in einer durchschnittlichen Ehe. Am Anfang ist man euphorisiert, am Ende ernüchtert oder gar getrennt. Nur, dass es rasant schnell geht und

  • dabei ständig unser Selbstverständnis in Frage gestellt wird.
  • Sich die Maschine scheinbar über den Menschen erhebt: Wozu benötigen wir Lehrer, wenn Youtuber Wissen viel anschaulicher vermitteln; wozu Journalisten, wenn KI die Texte schneller schreibt…
  • Die Wirklichkeit bisweilen außen vor bleibt!

Top Skills 2019: Kreativität und Logik

Das nenne ich das Paradoxon des Digitalen. Einerseits funktioniert jede Künstliche Intelligenz nach den Gesetzen der Logik. Andererseits ermöglichen digitale Medien Filterblasen, stärken die Unberechenbarkeit und die Unvernunft, siehe Brexit, siehe Trump: Es geht nicht darum, die Wirklichkeit zu beschreiben, sondern eine neue zu erzählen und diese machtvoll zu verbreiten.

Und genau dafür benötigen wir gute Lehrer, Leute mit Logik und Kreativität: Mit Chance erreichen sie die jungen Menschen noch, wo Journalisten in sozialen Netzwerken nicht mehr gehört werden. Sie zeigen auf, wie „Trollarmeen“ und „Social Bots“ die öffentliche Wahrnehmung manipulieren, leiten Diskussionen und fördern damit die wichtige Fähigkeit, einander zuzuhören und aufeinander einzugehen. Weiterhin schaffen gute Lehrer aus der zufälligen Ansammlung von Individuen eine Lerngruppe, arrangieren Lernerlebnisse und sichern deren Erfolge. Wenn das mit neuen Medien zwar nicht unbedingt effektiver, so doch lustvoller und zukunftsgewandter geht, gehören diese unbedingt in die Schule. Der Digitalpakt kann kommen.

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