An statt App: Kundenbindung zum Zweiten

An statt App: Kundenbindung zum Zweiten

Wir alle sind Tastaturhelden. Tippen schmissige Dinge in die App, aufs Handy, ins WWW – Weltweite Wahlheimat der Wichtigtuer, zumindest tendenziell. Und scheren uns zu wenig um die Folgen. So ein Tweet oder Kommentar, der rutscht schnell durch, da braucht es halt die Pointe, um aufzufallen. War ja nicht so gemeint…

Harmloses Beispiel, aber eben doch eher aufs Tippen als auf Taten aus, ist JS, Mitarbeiter im Social Media Team von comdirect. Auf meinen letzten Beitrag hier zum Thema Kundenbindung und Kommunikation schreibt er mir auf Twitter:

Hallo Deike, wir bedauern, dass du mit der Aktivierung der photoTAN solche Schwierigkeiten hast. Wo kommst du denn nicht weiter? Gerne steht dir alternativ unser Kundenservice unter 04106 – 708 25 00 rund um die Uhr zur Verfügung

Tweet JS/ comdirect vom 30. Januar als Antwort an mich

Klingt erst mal nett und freundlich, ist aber komplett sinnlos. Wo es hakt, hatte ich schließlich ausführlich dokumentiert. Und auch, dass die zentrale Rufnummer nicht hilft, weil man sich im ersten Anlauf vor dem Roboter komplett ausziehen muss, um durchgestellt zu werden. Was aber ebenfalls sinnlos ist, wenn die echten Berater dann nicht im Film sind. Obwohl es in meinem Fall doch längst eine Vorgangsnummer gibt, unter der meine Hilferufe abgespeichert sind.

Telefonhelden sind daher für eine erfolgreiche Kundenkommunikation gefragt. Mitarbeiter, die einfach mal zum Handy greifen, wenn ein Kunde mit dem üblichen verfügbaren ABC (App, Bot, Community) erkennbar nicht weiter kommt und die Mails zwischen Info- und Kundenadresse immer länger und verzweifelter werden.

So ein Telefonheld ist EM, Mitarbeiter im Kundenservice von comdirect. Ruft mich tatsächlich auf Festnetz an, kennt den Vorgang und hat eine Lösung parat. Sein Vorschlag: Mich telefonisch durch die Einrichtung des TAN Lesegerätes zu führen. Ich bin begeistert und nenne das Service.

Allerdings gibt es noch ein kleines Problem. Der Aktivierungsbrief ist noch nicht eingetroffen. Ich bitte EM um seine Durchwahl. Aber er sitzt im Homeoffice und darf/will keine Direktnummer herausgeben. Das hatte mir ja schon MP, eine seiner Vorgängerinnen in der Mail-Schlaufe bestätigt: „Wir bieten keinen Rückrufservice an, sind aber 24/7 für Sie erreichbar.“

Merke: 24/7 Erreichbarkeit ohne Gesprächsoffenheit ist keine

Aber EM hat auch dafür eine Lösung. Er schlägt vor, mich noch einmal einen Tag später am frühen Nachmittag und damit möglichst nach der Briefzustellung anzurufen – und hält sich auch daran. Blöd nur, dass die Post immer noch nicht eingetroffen ist. Wir verabreden einen dritten Anlauf. Dieses Mal klappt es und die eigentliche Aktivierung ist kurz und schmerzlos – weit weniger aufwändig als die vielen ausgetauschten Mails zwischen mir und der Direktbank, die nicht so gern direkt kommuniziert. Zugegeben, ich hätte das auch ohne fremde Hilfe schaffen können, hätte ich gleich kapiert, dass ich zwar das Lesegerät für miteinander verknüpfte Konten nutzen kann, aber nicht ein- und denselben Aktivierungsbrief. Aber dafür musste man halt einmal mit mir direkt sprechen.

Merke: Ansprechpartner sind Partner, die Kunden ansprechen dürfen

Logisch, dass ein Unternehmen sich so jemanden wie EM leisten können muss. Auch klar, dass es nicht so bleiben wird, wie ich es in meinen analogen Jahren gewohnt war. Dass Angebote wie Chat GPT unsere neue Normalität sein werden – und vielleicht (?!) dieses Blog bald schon besser machen könnten. So wie KI die medizinische Diagnostik verbessert und Vorstufen von Krebs erkennt. Sie dürfte auch bei den Paketzustellern punkten – schlechter als die grenzdebilen Bots kann man es schließlich nicht machen, wenn man nur halbwegs intelligent ist. (Vergleiche den Erfahrungsbericht von Peter Littger, über den man Tränen lachen könnte, wäre die Sache nicht so ernst.) Aber im Online Banking geht es um sensible Daten und harte Währung. Hier macht Service den Unterschied und die Existenzberechtigung einer Bank aus.

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