Blabla-telle: Kommunizieren wir uns zu Tode?

Blabla-telle: Kommunizieren wir uns zu Tode?

Sichtzeichen in der Kommunikationswüste

Freitagabend in einer Hamburger Sauna, vier Leute liegen und versuchen zu entspannen, zwei sitzen und reden. „Leise Gespräche sind erlaubt“, steht auf einem Holzschild hinter dem Ofen. Da kann man nichts machen, obwohl ein Gespräch in einer zwölf Quadratmeter großen Sauna, in der allenfalls das Holz knackt, überhaupt nicht leise sein kann. Es bleibt jedenfalls niemandem der  Liegenden verborgen, dass es in dem Gespräch um viel Geld geht, das man jetzt auf keinen Fall irgendwelchen Fonds, Aktien oder Bankmanagern zum Fraß vorwerfen wolle, sondern lieber in eine vernünftige Anlage mit Rendite, am besten Immobilie investiere. Ist das belanglos, Blabla, Bagatelle?

Sicher nicht und doch möchte ich es gern in diese Rubrik stellen, weil es bezeichnend ist für unser Kommunikationsverhalten: Wir schwatzen, twittern und bombadieren uns mit News, Chats und Posts rund um die Uhr. Da geht schon manchmal das Gefühl für angemessene Kommunikation verloren. Genau genommen ist das Beispiel bar jeden Schamgefühls: Seht her, ich bin zwar splitternackt, aber ich habe doch viel zu bieten und das lasse ich gerne heraushängen…

Halten wir fest:

  • Digitale Kommunikation ist Fluch und Segen zugleich: Es kann die Verbindung zu weit entfernten Menschen so gut wie nah werden lassen. Aber die Kommunikation wird zugleich immer schneller, übergriffiger und leider auch belangloser.
  • Nicht jedes Thema passt auf jede Seite: Dass ein Foto von einem Kleinkind auf Facebook in dessen Persönlichkeitsrechte eingreift, ist klar, aber auch die Krankheit eines Angehörigen wird in der Familien-WhatsApp-Gruppe zum „Todesticker“, wie die Medienpsychologin Lisa Altmeier trocken formuliert. Für meinen Geschmack gehört auch die Todesnachricht nicht in soziale Medien, weil sie den letzten Punkt markiert, der nicht mehr interaktiv sein kann und Beileid immer persönlich sein sollte. Oder soll ich das Bild vom Grab etwa liken?
  • „Warum antwortet mir keiner, ich sehe doch genau, dass ihr meine Nachricht gelesen habt.“ Was hier auf jeden Fall hilft? Einfach mal den Dienst schließen und die Klappe halten…
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